Montag, 22. August 2016

Soll man nicht doch trotz der tragischen Umstände einen Abschlussbericht bloggen ?

Viele der Blogleser haben mir Nachrichten und Mails geschickt und angefragt, ob ich mit dem Blog nicht trotz des tragischen Unfalls weitermachen kann. Ich hatte auch noch tausende Ideen und täglich neue Eindrücken gesammelt, über die es sich gelohnt hätte zu berichten. Allerdings steckt der Tod unseres Trainer noch so tief in jedem von uns drin, dass lockere Berichte über die Spiele nicht mehr möglich waren. Deshalb wenige Stunden vor meinem Abflug nur noch ein kurzer Abschlussblog aus Rio.

Beginnen muss ich natürlich mit dem tragischen Tod unseres Trainers, der alles überlagert hat. Es lässt sich nicht in Worte fassen, wie uns dieser Tod mitgenommen hat. Hätten wir sofort das Team abmelden müssen und nach Hause fahren? War es richtig, dass wir so gut wie möglich versucht haben, dieses tragische Geschehen zu verarbeiten und von den Sportlern fernzuhalten? Muss die Trauer alles andere überlagern und ist jeder Freudenschrei eines Medaillengewinners aus unserem Team unangebracht? Ich weiß es nicht und gebe zu, dass ich mit dieser Situation überfordert war und bin.

Montag, 15. August 2016

Trauer um Stefan Henze

Mit großer Bestürzung und unendlicher Trauer müssen wir den Tod unseres Bundestrainers Stefan Henze bekanntgeben. Stefan starb am heutigen Tag im Beisein seiner Eltern und seines Bruders an den Folgen seiner schweren Verletzung im Krankenhaus in Rio.

Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei seinen Angehörigen. Der Verlust eines Lebenspartners und Sohnes lässt sich nicht mit Worten beschreiben. Wir wünschen der Familie die Kraft, mit diesem schweren Verlust und ihrem Schmerz umzugehen. Stefan hat mit seiner Zielstrebigkeit und seiner Liebe zum Kanusport das Team des Deutschen Kanu-Verbandes nicht nur in Rio maßgeblich geprägt. Stefan fehlt uns und hinterlässt eine Lücke, die wir nie wieder schließen können. Wir werden Stefan für immer in unseren Herzen behalten und können uns im Moment noch nicht vorstellen, wie es ohne Stefan weitergehen soll.

Ich bedanke mich  bei allen Freunden und Kollegen aus der nationalen und internationalen Sportfamilie, die ihren Schmerz und ihr Mitgefühl in verschiedenster Weise zum Ausdruck gebracht haben. 

Freitag, 12. August 2016

Kanu-Slalom Trainer schwer verletzt

Zwei Betreuer unseres Slalomteams waren letzte Nacht in  einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Einer unserer Trainer kämpft nach einer Notoperation mit dem Leben. Die olympischen Spiele haben für unser Team ihre Leichtigkeit und Bedeutung verloren. Unsere Gedanken sind bei unserem schwer verletzten Trainer und seinen Angehörigen. Betet mit uns oder drückt die Daumen, dass unser Trainer seinen bisher schwersten Kampf  gewinnt. Bis nicht feststeht wie dieser Kampf ausgeht bitte ich um euer Verständnis, dass ich meinen Blog nicht fortführen kann.

Donnerstag, 11. August 2016

Tag 6 - und endlich wieder Sommer

Unsere Kanu-Slalom Fans
Was haben wir gestern auf der Tribüne gefroren. 15 Grad, kalter Regen und dann noch fehlende 3 Hundertstel zur Medaille. Nehmen wir die strahlende Sonne heute als gutes Omen für die anstehenden Finals.

Heute ist also der Tag der C2 und K1 Damen Endläufe. Hoffentlich klappt es heute mit der Medaille. Man merkt schon jetzt den Druck, der auf der gesamten Mannschaft liegt. Deshalb habe ich volles Verständnis für manche Anmerkung der Sportler, die von der Presse als Kritik am Verband ausgelegt wird, aber wenn man sie genau liest und mit den Sportlern spricht, weiß man, dass diese so nicht gemeint ist. Es geht in der Kritik eher darum, dass wir alle spüren der deutsche Sport immer weniger wettbewerbsfähig ist. Klar geht es auch um Geld für die Spitze, aber eigentlich liegt unser Problem mehr bei der sportlichen Basis.

Sportfotografen
Es ist für Kinder nicht mehr cool in einem Sportverein Leistungssport zu betreiben und wenn man es dann doch tut, wird die Anerkennung in allen Bereichen unserer Gesellschaft für sportliche Leistung immer geringer. Im Fußball zahlt sich Anerkennung in Geld aus. In allen anderen olympischen Sportarten ist die Währung der Anerkennung die Wertschätzung des Publikums und der Medien, Politiker und Sponsoren. Das gilt für Olympioniken wie für Sportler im Verein. Wo aber wird in einer Kommune meistens zuerst gestrichen (wenn es dann überhaupt noch Förderungen für Vereine gibt), beim Sportverein, weil dies ja eine freiwillige Aufgabe ist. Warum ist der Sport immer noch nicht als Teil der gesellschaftlich wichtigen Werte in unserer Verfassung verankert?

Mittwoch, 10. August 2016

Tag 5 - Das kann nicht mehr Rio sein

Strömender Sprühregen und Temperaturen um 15 Grad lassen Rio heute still stehen. Kaum jemand auf den Straßen und nur die Olympiateilnehmer und Touristen joggen im brasilianischen Winter. Es scheint als ob ich heute in einer anderen Stadt aufgewacht bin. Klitschnass und frierend nach 30 Minuten zurück im Hotel habe ich gerade gehört, dass die Ruderwettkämpfe abgesagt wurden. Kein Wunder bei dem Sturm heute. Für die nächste Woche sieht das Wetter aber wieder deutlich besser aus und hoffentlich haben wir faire Bedingungen bei den Sprintwettbewerben.
Gestern Abend im Deutschen Haus gemeinsam mit Sid den Frust über die verpasste Medaille mit Caipirinha weggetrunken. Klar wollte er eine Medaille, aber auch der Fünfte Platz bei Olympischen Spielen ist nicht schlecht und er realisiert schon langsam, dass man gut mit diesem Platz leben kann. Im übrigen hat mir der Cheftrainer gesagt, dass meine Einschätzung von gestern,  dass der Kurs zu leicht sei, falsch ist. Der Kurs ist sehr fair für alle Sportler und konnte gerade für das Publikum die Spezifik und Dynamik unseres Sports gut rüberbringen.

Tag 4 - Noch ist die Stimmung gedrückt

Eigentlich war es ganz einfach, per "Öffentliche" in das Deutsche Haus zu kommen. Zwei Mal die U-Bahnlinie wechseln und dann nahtlos weiter per Bus und wir waren fast im Deutschen Haus. Ich nehme alles zurück, was ich über den Nahverkehr in Rio gestern gesagt habe. Man muss sich halt nur damit beschäftigen und dann klappt es.

Allerdings war  die Stimmung im Deutschen Haus schon gedrückt. Timo Boll ausgeschieden, im Judo nicht weitergekommen und immer noch keine Medaille für Deutschland. Alles wartete auf Paul Biedermann und sein Rennen über 200 m.  Aber dann Platz 6, wieder nichts mit einer Medaille für Deutschland und einige Funktionäre und Kollegen aus anderen Verbänden fingen dann schon an zu frotzeln, dass Dabeisein alles ist und selbst unser DOSB Präsident ja gesagt hat, dass Medaillen nicht mehr so wichtig sind. Das war natürlich Galgenhumor und ich und viele andere sehen das ganz anders. Zum Sport gehört schon im Kindergarten der Wettstreit mit seinen Freunden und das Streben, schneller oder besser  zu sein wie die anderen. Zum sportlichen Wettstreit gehört immer auch, sich persönlich verbessern zu wollen und selbst Freizeitsportler stellen sich sportlichen Herausforderungen und wollen entweder schnell sein oder weit paddeln. Also gehört der Wettstreit gegen andere und gegen sich selbst und der Versuch besser zu sein als Mitbewerber automatisch zum Leistungssport und ist Motivation für die kleinsten im Verein wie auch für unsere Olympioniken. Da hilft es nicht, dass der DOSB immer wieder in seinen Statements rumeiert und mal Medaillen zählen will und am nächsten Tag nur das Dabeisein zählt. Klar ist es schwierig für den DOSB, sich in Zeiten der Diskussion über Doping im Sport zur Leistung zu bekennen. In der Wirtschaft wird wahrscheinlich noch mehr betrogen als im Sport und trotzdem zweifelt keiner die deutsche Zielstellung an, Exportweltmeister zu sein. Wir haben hier Kartellämter und klare Regeln was man darf und was nicht.  Wir brauchen in der Dopingdiskussion härtere und abschreckende Strafen, dürfen aber nicht mit der Begründung, dass wir so Doping vermeiden, die Leistungsmaßstäbe verwässern. Besser ist es, in der gesellschaftlichen Wahrnehmung Doping mehr zu ächten als bisher und klarzumachen, wer einmal dopt, hat im Leistungssport nichts mehr zu suchen (aber jetzt Schluss - ich wollte ja keine Sportpolitik machen)

Montag, 8. August 2016

Tag 3 - man kommt langsam in Rio zurecht

Ich gebe zu,  ich habe Rio total unterschätzt. Es gibt keine kurzen Wege und vor allem keinen Nahverkehr so wie wir ihn kennen. Busse fahren zwar regelmäßig, aber leider nicht nach einem Fahrplan. Es ist kaum möglich U Bahn Pläne für die neue Linie 4 zu bekommen und wir wollen uns heute Abend einfach reinsetzen und schauen, wir weit wir in Richtung Deutsches Haus kommen. Taxis bekommt man zwar fast überall, aber die Preise unterscheiden sich nicht von denen in Deutschland aber die Distanzen sind deutlich länger. Da wird man arm, wenn man nicht das System des Nahverkehrs entschlüsselt. So lange unsere Wettkämpfe laufen,  werden wir also kaum Zeit finden, andere Wettkampfstätten zu besuchen, weil dafür die Wege zu lang sind. Aber Freitag bis Sonntag haben wir ja frei und wollen dann zum Rudern und zur Leichtathletik und mindestens ein Handballspiel unserer Deutschen anschauen.

Tag 2 in Rio und endlich geht es los

Angekommen, zwar nicht mit allen Koffern, einer ist in London stehen geblieben, aber doch froh, endlich in Rio zu sein, sieht man als erstes auf dem Flughafen riesige Werbung der Olympiasponsoren mit nur einem kleinen olympischem Logo. Spiele mit Sponsoren im Mittelpunkt oder doch für Sportler ? Wir werden sehen.

Alle sind freundlich und man wird schon auf den ersten Metern vom Flughafenpersonal gefragt, ob man zu den Spielen will. Das passt ja schon, waren meine ersten Eindrücke und man merkte schon bei den ersten Brasilianern, die ich getroffen habe eine echte Olympiastimmung. Da im Vorfeld einiges Kritisches über die Organisation in Deutschland zu hören war, war ich skeptisch ob jetzt auch alles mit der Akkreditierung und dem Transport klappt. Von gestern Abend bis jetzt, selten eine so reibungslose Organisation erlebt. Wahnsinnig viele Freiwillige nehmen jeden Olympiateilnehmer in Empfang und bringen ihn bis zum Bus. Keine Wartezeiten, genügend englischsprachige Volontärs und alles wird unglaublich schnell erledigt. Ich hatte nach 10 Minuten meine Akkreditierung und war nach 40 Minuten schon im Hotel (in Berlin am Flughafen hätte ich in dieser Zeit noch nicht mal meine Koffer) Bis jetzt gibt es bei der Organisation wirklich nichts zu kritisieren.

Samstag, 6. August 2016

Auf dem Weg nach Rio

Auf dem Weg nach Rio
Gerade am Flughafen in London angekommen und noch vier Stunden Wartezeit vor mir, ist es wahrscheinlich der richtige Moment, mit meinem ersten Blogbeitrag zu den Olympischen Spielen zu beginnen. Warum bloggt gerade der Präsident? Weil der in den nächsten Tagen am wenigsten vom gesamten Team zu tun hat :). Unsere Öffentlichkeitsarbeiter vor Ort, Jochen Meyer für den Kanu Slalom und Hans-Peter Wagner für den Kanu-Rennsport haben mit dem Tagesgeschäft so viel um die Ohren, dass sie wahrscheinlich wenig Zeit haben, hinter die Kulissen zu schauen und Geschichten auch außerhalb unseres Sports zu erzählen. Ob ich das kann, müssen wir sehen, aber ich versuche zu mindestens so viel wie möglich  über unsere beiden Olympischen Disziplinen, aber auch über die Stadt und die Atmosphäre zu schreiben.
Ein wichtiger Hinweis an alle die das lesen. Als Präsident sollte man normalerweise nicht in so lockerer Form in einem Blogg schreiben, da manchmal Worte des Präsidenten auf die "Goldwaage" gelegt werden. Deshalb hier und jetzt zur Klarstellung - in diesem Blogg wird keine Verbandspolitik vorgestellt und das, was ich schreibe muss nicht unbedingt die Mehrheitsmeinung unseres Verbandes widerspiegeln. Es ist lediglich meine subjektive Wahrnehmung und Meinung und soll all die Fans, die Kanubegeisterten, die Übungsleiter in den Heimatvereinen und Trainer an den Bundesstützpunkten und alle die es interessiert, unterhalten. So viel zur Einleitung.