Mittwoch, 14. September 2016

Heute passierte Historisches

Acht Jahre harter Kampf von Aktiven und Funktionären, unendlich viel Training aber auch Beratungen und Strategiebesprechungen, Erfolge und Rückschläge liegen nun hinter dem Parakanusport und heute erfolgte der erste Startschuss für ein Pararennen bei paralympischen Spielen.

Obwohl - gegen 5.00 Uhr sah es noch nicht danach aus. Um diese Zeit fegte ein Sturm durch die Stadt und ich schreckte im Bett von den Geräuschen auf. Überhaupt ist der Wind in Rio nicht berechenbar. Gestern, als es an der Regattastrecke stürmte mussten zur gleichen Zeit die Segelwettbewerbe wegen Flaute abgesagt werden. Also war trotz des Sturms alles noch möglich und als Jurymitglied ging es heute schon 7.30 Uhr zur Strecke. Bange Blicke als wir um die Kurve von der Copa zur Lagune kamen und siehe da, fast glattes Wasser und kaum Wind. Das Team musste heute noch zeitiger los und die Spannung war vor den ersten Starts regelrecht zu spüren. 9.00 Uhr - der erste Vorlauf gleich mit Edina Müller in der Mitte des Feldes. Mir stockte am Start kurz der Atem, da kam sie nicht gut weg, doch schon nach 50 m hatte sie das Feld aufgerollt und führte klar. 50 m vor dem Ziel dann eine souveräne Führung. Sie konnte schon die Schlagfrequenz herausnehmen. Morgen noch die Reserven beim Start nutzen und dann kann (und eigentlich muss) es was mit einer Medaille werden. Die Britin, ihre härteste Konkurrentin siegte ebenfalls deutlich in ihrem Lauf und war nur eine hundertstel Sekunde schneller.

Das erste paralympische Rennen und die erste Siegerin in der Geschichte dieses Sports kommt aus Deutschland. Das ist doch was und macht Mut für Morgen.
Ivo, der als nächster dran war hatte gestern am Strand noch gefrotzelt, dass er ja heute schon ins Deutsche Haus kann, da er das Finale nicht schafft. Pustekuchen - er muss heute schlafen und sich auf das Finale vorbereiten. Gut im Vorlauf mitgehalten, im Zwischenlauf streckenweise auf Platz 2 und dann noch knapp Vierter hat es gerade so für das Finale gereicht. Aber auch hier wie in allen Rennen waren die Leistungen aller Athleten unglaublich und die Felder waren sowas von eng zusammen und somit spannende Rennverläufe garantiert.

Anke Molkenthin war gestern noch verzweifelt, bei ihren Versuchen in den Startschuh zu kommen. Heute bei besseren Bedingungen klappte dies eigentlich gut und sie lieferte ein bravouröses Rennen mit einer sehr stabilen Technik ab. Viel Abstand zur Spitze war zwar nicht, aber trotzdem reichte es nur für das Semifinale. Dort gut weggekommen, zwischenzeitlich auf dem nötigen viertem Platz konnte sie diese Platzierung aber leider nicht ins Ziel retten. Trotzdem eine super Vorstellung im Rahmen der Erwartungen und es fehlt nicht viel, um zukünftig dauerhaft in die Finals zu fahren. Aber auch Anke hat hier Geschichte geschrieben. Mit einem Doppelstart im Rudern und Kanu war sie wohl die erste Athletin bei Paralympischen Spielen mit Starts in zwei komplett unterschiedlichen Disziplinen (noch dazu eine mit doppeltem Handicap - Rudern und rückwärtsfahren;-).

Tom machte es im abschließenden Vorlauf nicht wirklich spannend. Vom Start weg führend baute er den Vorsprung auf den ersten 150 m schon auf 2 Längen aus und konnte entspannt bis zum Ziel zu Ende fahren. Allerdings haben seine Konkurrenten im anderen Vorlauf eine ähnlich souveräne Leistung gezeigt und überraschender Weise war hier auch ein Brasilianer ganz vorne mit dabei.
Als Fazit sind weiter zwei Medaillen drin und mit etwas Glück könnte es bei beiden auch für ganz oben reichen. Schauen wir mal was morgen ab 9.00 Uhr Ortszeit passiert.

Was ist noch zum ersten Wettkampftag zu sagen ? Das Zuschauerinteresse hielt sich in Grenzen. trotzdem gingen die weniger Zuschauer im Vergleich zu den olympischen Spielen euphorisch mit und sorgten für Stimmung. Team GB dominierte die Vorläufe, zu mindestens was die Breite betrifft. Sie konnten sich für alle 6 Finals qualifizieren. Ansonsten zeigt sich mittlerweile das gleiche Bild wie beim olympischen Sprint. Europa dominiert den Parasport, einige Medaillenkandidaten kommen aus solchen Ländern wie China, Australien und Japan und auch die Brasilianer haben zwei heiße Eisen im Feuer.

Gestern Abend im Deutschen Haus ging wirklich die Post ab. Anlässlich des Botschafterempfangs waren auch viele Politiker anwesend. Ich habe zwei Staatssekretäre darunter den für Sport zuständigen Staatssekretär im Innenministerium Ole Schröder, den halben Sportausschuss des Bundestages und noch vielen Länderpolitikern die Hand drücken können. Kanu ist nach wie vor in aller Munde und alle erinnern sich noch an das phänomenale Abschneiden bei den Olympischen Spielen. Man kann ja über die Reisen unserer Politkern sagen was man will, aber die Aktiven vor Ort empfinden das Interesse und die Besuche wirklich als Wertschätzung ihrer sportlichen Leistung.

Überraschender Weise war auch die Idee der Olympiabewerbung NRW`s und das Zögern der DOSB Spitze, sich mit dieser Idee anzufreunden, ein Thema bei unseren Gesprächen. Mir ist klar, wie schwierig es momentan in Deutschland ist, dieses Thema zu diskutieren. Gerade auch die aktuellen Meldungen aus dem DFB und das dortige Verständnis eines Ehrenamtes sind ein weiterer Schlag nach vielen anderen Schlägen, die der Sport hinnehmen musste, ins Gesicht des deutschen Sports. Klar wird momentan von denen, die nicht so nahe am organisierten Sport dran sind alles was mit Funktionären im Sport zu tun hat über einen Kamm geschert. Und man kann es keinem verdenken so zu urteilen.  Die Realität ist aber eine andere. In der übergroßen Anzahl der olympischen Verbände wird eine ehrliche und tatsächlich unentgeltliche Arbeit gemacht. Der olympische Sport hat ein besseres Image in Deutschland verdient. Das kann er sich aber nur selber wieder mit Transparenz und ehrlicher Arbeit zurückerarbeiten und dafür wäre über kurz oder lang eine Olympiabewerbung hilfreich. Ich denke deshalb, nicht nur weil über dieses Thema zwischen DOSB Spitze und olympischen Verbänden nicht diskutiert wurde, dass die momentan zögerliche Haltung der DOSB Spitze bei der Unterstützung dieser Idee nicht die Mehrheitsmeinung der Verbände und der vielen engagierten Sportler in Deutschland widerspiegelt. Ich kann verstehen, dass unser Präsident und der DOSB General immer noch unter dem Trauma der verlorenen Abstimmung in Hamburg leiden. Trotzdem sollten sie die NRW`ler machen lassen. Sorgt für eine Mehrheit, liefert ein nachhaltiges und ehrliches Konzept und dann kann der organisierte Sport (ich benutze dieses Wort, weil ich mich immer ärgere, wenn die Aussage unserer Spitze als Aussage des gesamten DOSB gewertet wird) in einem internen und transparenten Verfahren unter Einbeziehung aller Sportverbände  immer noch eine neue Entscheidung über eine Bewerbung treffen. Vielleicht wirkt eine eventuelle Bewerbung ehrlicher, wenn sie aus der Mitte einer Region kommt und nicht von den Funktionären des DOSB. Ich zumindest habe meinen Traum von Olympia und Paralympischen Spielen in Deutschland noch nicht aufgegeben. Übrigens können morgen schon Olympische und Paralympische Spiele auf der Regattastrecke in Duisburg stattfinden. Und nicht nur in unserem Sport hat NRW und die Rhein-Ruhr Region schon vieles an Sportstätten was Olympia braucht.

Heute mache ich noch Wahlkampf in eigener Sache. Ich habe die Präsidenten der Kontinentalverbände Asiens, Europas und Ozeanien zu einem Abendessen im Deutschen Haus eingeladen. Dank der Unterstützung meines Freunde Friedhelm Julius Beucher, des Präsidenten des DBS darf ich heute in der angenehmen Atmosphäre des Deutschen Hauses für meine Kandidatur als Vizepräsident der ICF werben. Die Luft beim Wahlkampf um solche (tatsächlich absolut ehrenamtlichen) Positionen ist dünn, aber ich will es auf jeden Fall im November versuchen. Vielleicht hilft ja der heutige Abend beim werben um die Stimmen.
Und morgen 9.00 Uhr geht es los. 6 Finals, leider nicht live oder im Livestream im Deutschen Fernsehen. Ich kann allen die die Rennen Live sehen wollen nur empfehlen, auf der Internetseite des neuen "Olympic Channel" die Rennen zu verfolgen.

Busfahrt durch Rio

Mein Hotelzimmer